Wer sich vorstellen kann, beim Schauen endloser Bücherreihen in stilvoll eingerichteten hohen Hallen, Lesungen bekannter Persönlichkeiten wie Patty Smith oder Elvis Costello (großartig: die Performance seines Vaters!), Diskussionen um Marketingmaßnahmen und Bücherneuankäufe, absurde Callcenter-Gespräche und Jobberatung und Nachhilfeunterricht in Nebenstellen und ähnliches als Vergnügen zu betrachten, ist hier richtig. Die titelgebende PUBLIC LIBRARY ist ein privates, städtisch gefördertes Kulturgroßunternehmen mit 88 Filialen und vier Forschungsbibliotheken. Wie fast immer bei Wiseman in den letzten Jahren hat sein „Institutionenportrait“ ein wohlwollendes, kein vordergründig kritisches Anliegen. Das herauszufiltern, liegt, nun, im Auge des Betrachters.
Aber vor allem kann ich Christoph Petersons Begeisterung auf filmstarts.de folgen: „Nach dem Kinobesuch will man Bibliothekar, Feuerwehrmann und Gebärdendolmetscher werden, man will sich tiefergehend mit der Verteilung jüdischer Delikatessengeschäfte in den 1930ern und der Herkunft von Einhörnern beschäftigen, man will sich für den digitalen Zugang und die digitale Kompetenz auch der Ärmeren und Älteren einsetzen – und vor allem will man wieder an die gelebte Demokratie glauben, die vor allem dann in all ihrer Pracht aufzublühen scheint, wenn wie in den Bibliotheken New Yorks Menschen aller Ethnien, Bildungsschichten und Vermögensverhältnisse auf der Suche nach Wissen und Fortschritt zusammenkommen. Ein zutiefst faszinierendes und vor allem ein zutiefst menschliches Meisterwerk.“
USA 2017, 206 Min., engl. OmU,
Regie, Buch, Schnitt: Frederick Wiseman
□ Do., 30.8., 18:00 Sputnik Kino
□ Di., 4.9., 19:45 fsk Kino