DE 2020 75 Min. R,B: Sophie Linnenbaum K: Janine Pätzold S: Vincent Tirpitz, Martin Wunschick
Sophie Linnenbaum lässt in ihrem wunderbaren Dokumentarfilm sechs Menschen von ihrem Verhältnis zu ihren Vätern erzählen. Beim ersten Hinsehen scheint es sich um einen klassischen Interviewfilm zu handeln. Die sechs Protagonisten sitzen vor schwarzem Hintergrund und erzählen von ihren Vätern. Sie erzählen vom Vater als Vorbild, als Beschützer, als Verlorener und Wiedergefundener, als Täter und Opfer, als Anwesender und Abwesender, als biologischer oder sozialer Vater. So einfach die Inszenierung zu sein scheint, so meisterhaft und komplex ist das, was wir zu sehen bekommen. Aus dem Material von 42 Interviews hat die Regisseurin mit zwei Schnittmeistern sechs Vätergeschichten herausdestilliert und so kunstvoll miteinander verwoben, dass ich mich nicht für eineMinute der Wucht, der Zartheit, der Intimität des Erzählten entziehen konnte. Aus den sehr subjektiven, sehr unterschiedlichen, teils sehr berührenden und mit großer Offenheit vorgetragenen Wahrheiten der Einzelnen entsteht ein vielschichtiges Vaterbild, das wiederum uns ermutigt über unsere Väter, unsere Väterrolle, unsere Väterbilder nachzudenken. Und nicht zuletzt ist ein eindrücklicher Film entstanden, der viel über die Kinder dieser Väter erzählt, die wir ja immerhin alle selber sein könnten. Mit unserem ganz eigenen politisch, sozial, biologisch, individuell und wie auch immer konnotierten Väter.